An Feiertagen, wenn alles zu viel wird

Patricia Rind

Wenn Schmerz Raum braucht

Eine brennende Kerze auf einer Fensterbank, draußen warme goldene Lichter im unscharfen Hintergrund.

Es gibt Tage, an denen die Trauer alles überlagert. Gerade an Feiertagen, wenn das Leben stiller wird, kehren Gefühle zurück, die lange verborgen waren. Schmerz, Wut, Schuld, Hilflosigkeit – sie alle können sich zeigen, manchmal sanft, manchmal heftig. Das ist kein Rückschritt, sondern Teil des Trauerprozesses. In meiner Arbeit als freie Trauerrednerin und Trauerbegleiterin in der Metropolregion Rhein-Neckar erlebe ich, dass gerade Feiertage für viele Menschen zu einer emotionalen Bewährungsprobe werden. Es hilft, zu verstehen: Trauer darf spürbar sein. Sie braucht Zeit, Raum und Mitgefühl – besonders dann, wenn alles zu viel wird.


Inhalte


  1. Wenn das Leben stiller wird
  2. Trauer und ihre Wellen
  3. Der Druck, wieder „funktionieren“ zu müssen
  4. Warum Trauer keinen Kalender kennt
  5. Was an Feiertagen besonders schwer sein kann
  6. Fazit: Wenn Fühlen wichtiger ist als „fertig sein“

Wenn das Leben stiller wird


Wenn das Leben stiller wird, kehrt etwas zurück, das im Alltag oft keinen Platz hat: das, was wirklich weh tut. Feiertage bringen diese Stille mit sich – sie verlangsamen das Leben, unterbrechen Routinen, schaffen Raum, in dem Erinnerungen lauter werden. Für viele Trauernde in der Metropolregion Rhein-Neckar ist genau das die Zeit, in der der Verlust besonders spürbar wird. Der leere Platz am Tisch, das vertraute Lied, der Geruch von Gebäck – all das erinnert daran, dass jemand fehlt.

Diese Stille ist kein Feind. Sie ist Teil der Trauer. In ihr wird hörbar, was sonst überdeckt ist. Als freie Trauerrednerin und Trauerbegleiterin erlebe ich immer wieder, dass Menschen versuchen, diese Stille zu vermeiden, weil sie Angst haben, dass der Schmerz zu groß wird. Doch sie birgt auch etwas Kostbares. Sie erlaubt, zu fühlen, was wirklich da ist.

Manchmal bedeutet das, einfach still zu bleiben. Eine Kerze zu entzünden. Spazieren zu gehen. In Gedanken ein paar Worte zu sagen. Oder sich zu erlauben, nichts zu sagen. Denn in dieser Stille liegt eine Form von Gegenwart, die nichts fordert. Sie erinnert daran, dass Liebe weiterklingt – leise, aber unverkennbar. Feiertage können schwer sein, aber sie können auch Momente des Friedens schenken, wenn man sie nicht füllen, sondern einfach erleben darf.

Trauer und ihre Wellen


Trauer bewegt sich wie das Meer – sie zieht sich zurück und kommt wieder, manchmal sanft, manchmal mit voller Kraft. Es gibt Tage, an denen sie kaum spürbar ist, und dann Momente, in denen sie plötzlich alles überrollt. Diese Bewegung gehört zur Trauer. Sie zeigt, dass etwas im Inneren lebt, das sich wandelt und nicht stillsteht. Gerade an Feiertagen, wenn das Leben ruhiger wird und Erinnerungen näherkommen, werden diese Wellen stärker. Ein Lied, ein vertrauter Duft oder ein Blick auf alte Fotos kann genügen, um die nächste Welle auszulösen.

Viele Menschen in der Metropolregion Rhein-Neckar, die ich als freie
Trauerrednerin und Trauerbegleiterin begleite, erzählen, dass sie sich davon überrascht fühlen. Sie glauben, sie hätten die schwerste Zeit bereits hinter sich – und plötzlich ist der Schmerz wieder da. Doch Trauer kennt keinen festen Verlauf. Sie folgt keinem Plan. Diese Wellen sind kein Rückfall, sondern ein Zeichen von Lebendigkeit. Sie zeigen, dass die Liebe bleibt und immer wieder Wege findet, sich bemerkbar zu machen.

Manchmal tragen diese Wellen etwas Heilsames in sich. Sie holen Erinnerungen an die Oberfläche, die längst verschüttet schienen. Und auch wenn sie schmerzen, bringen sie Bewegung dorthin, wo Stillstand war. Wer lernt, sie anzunehmen, statt gegen sie anzukämpfen, spürt, dass Trauer fließt – und dass sie einen trägt, wenn man ihr vertraut.

An Feiertagen kann es helfen, diese Wellen nicht zu fürchten, sondern ihnen Raum zu geben. Vielleicht durch Stille, durch Musik, durch einen Spaziergang. Denn jede Welle, so schmerzhaft sie auch sein mag, trägt ein Stück Liebe in sich. Und diese Liebe bleibt – durch alle Bewegung hindurch.

Der Druck, wieder „funktionieren“ zu müssen


Viele Menschen erleben nach einiger Zeit in der Trauer den stillen, aber eindringlichen Druck, wieder „funktionieren“ zu müssen. Familie, Freunde, Kolleginnen – sie alle meinen es gut, doch oft schwingt in ihren Worten die Erwartung mit, dass der Schmerz irgendwann vorbei sein sollte. Besonders an Feiertagen wird dieser Druck spürbar. Wenn andere feiern, planen, lachen und das Leben scheinbar weitergeht, fühlen sich Trauernde oft fehl am Platz. Sie fragen sich, ob sie zu traurig sind, zu still, zu anders.

In meiner Arbeit als freie Trauerrednerin und Trauerbegleiterin in der Metropolregion Rhein-Neckar höre ich immer wieder, wie schwer es ist, diesen unausgesprochenen Erwartungen standzuhalten. Viele beschreiben, dass sie ihre Gefühle zurückhalten, um niemanden zu belasten. Sie lächeln, obwohl ihnen nicht danach ist. Sie sagen, es gehe schon, obwohl es das nicht tut. Doch Trauer braucht keine Masken. Sie braucht Ehrlichkeit.

Feiertage sind keine Prüfung, die man bestehen muss. Es gibt kein „richtiges“ Verhalten, kein Tempo, das man einhalten sollte. Trauer ist individuell – sie folgt nur dem eigenen Herzen. Manchmal bedeutet das, an einem Feiertag nicht feiern zu wollen. Manchmal heißt es, sich eine kleine Auszeit zu nehmen, während andere zusammensitzen. Und manchmal bedeutet es, still dankbar zu sein, ohne fröhlich zu wirken.

Dieser Druck, wieder zu funktionieren, kann die
Trauer lähmen. Wer ihn loslässt, spürt oft Erleichterung. Denn Trauer ist kein Zustand, den man überwindet, sondern ein Weg, den man geht. Und dieser Weg darf Zeit brauchen. An Feiertagen, die so viel Erinnerung und Erwartung in sich tragen, gilt das umso mehr. Man muss nicht so tun, als sei alles gut. Es reicht, da zu sein – so, wie man gerade ist.

Warum Trauer keinen Kalender kennt


Trauer kennt keinen Kalender. Sie richtet sich nicht nach Jahreszahlen, Feiertagen oder dem, was andere für angemessen halten. Sie kommt, wann sie will, und bleibt, solange sie muss. Für viele Menschen in der Metropolregion Rhein-Neckar, die ich als freie Trauerrednerin und Trauerbegleiterin begleite, ist genau das eine der größten Herausforderungen. Denn während die Welt weitermacht, scheint für sie die Zeit stillzustehen.

An
Feiertagen wird dieser Unterschied besonders deutlich. Wenn andere voller Vorfreude sind, wenn das Leben festlich erscheint, fühlen sich Trauernde oft wie außerhalb der Zeit. Sie spüren, dass ihr inneres Erleben nicht mit dem übereinstimmt, was um sie herum geschieht. Das kann das Gefühl verstärken, „nicht mehr dazuzugehören“. Doch Trauer verläuft in der eigenen Zeit. Sie lässt sich nicht planen, nicht beschleunigen, nicht abschließen.

Viele Menschen glauben, nach einem bestimmten Zeitraum müsse der
Schmerz nachlassen. Aber Trauer hat kein Ablaufdatum. Sie verändert sich, sie wird leiser, sie wandelt sich – aber sie verschwindet nicht einfach. Und das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Tiefe. Denn wer wirklich geliebt hat, trägt diese Liebe weiter, auch wenn sie sich verändert.

An Feiertagen, die so stark mit
Erinnerungen verbunden sind, kann das besonders schmerzhaft werden. Aber es ist auch eine Chance. Wenn man die eigenen Gefühle nicht bewertet, sondern annimmt, wie sie kommen, entsteht ein Stück Frieden. Trauer ist individuell, sie folgt keinem Kalender, sondern dem Rhythmus des Herzens. Und genau dieser Rhythmus weiß, wann Zeit zum Fühlen ist – und wann wieder Platz für Licht entstehen darf.

Was an Feiertagen besonders schwer sein kann


An Feiertagen wird die Trauer oft besonders schwer. Es sind Tage, an denen Erinnerungen deutlicher, Sehnsucht stärker und Erwartungen spürbarer werden. Überall begegnet man Symbolen der Gemeinsamkeit – Familien, Lichter, Musik, Begegnungen. Für viele Trauernde fühlt sich das an, als sei man aus einer Welt gefallen, die man früher selbst bewohnt hat. Plötzlich steht man daneben und beobachtet, wie andere feiern, während man selbst versucht, die eigene Leere auszuhalten.


Diese Tage erinnern an das, was fehlt. An den Platz am Tisch, an die Stimme, die nicht mehr spricht, an die Geste, die niemand ersetzt. Besonders Menschen in der Metropolregion Rhein-Neckar erzählen mir als freie Trauerrednerin und Trauerbegleiterin, dass sie sich in dieser Zeit innerlich hin- und hergerissen fühlen. Einerseits möchten sie Teil des Lebens bleiben, andererseits spüren sie das Bedürfnis nach Rückzug. Beides ist richtig. Denn Trauer bedeutet nicht, sich zu entziehen – sie bedeutet, auf sich selbst zu hören.


An Feiertagen kann auch das Umfeld verunsichert reagieren. Menschen wissen oft nicht, wie sie mit der Trauer anderer umgehen sollen. Sie meiden das Thema, um nicht zu verletzen, oder übergehen es, um die Stimmung nicht zu trüben. Doch für Trauernde ist gerade das schmerzhaft. Es hilft mehr, ehrlich anzusprechen, dass jemand fehlt. Ein einfaches „Ich denke an dich“ kann in diesen Tagen mehr Trost schenken als jedes gut gemeinte Ablenkungsangebot.


Manchmal ist das Schwerste an Feiertagen, dass man glaubt, man müsse anders empfinden. Fröhlicher, offener, dankbarer. Doch Trauer kennt keine Feiertagsordnung. Sie darf da sein, auch mitten im Lachen anderer. Sie darf still bleiben, auch wenn um einen herum Musik erklingt. Feiertage sind keine Prüfung, sondern eine Zeit, in der sich Schmerz und Erinnerung begegnen dürfen.


Und vielleicht liegt in dieser Ehrlichkeit ein Stück Frieden. Wenn man sich erlaubt, einfach zu sein – traurig, ruhig, müde oder still – ohne sich zu verstellen. Denn das ist der Weg, auf dem Trauer sich verwandelt: durch das Zulassen, nicht durch das Verdrängen. Feiertage können schwer sein. Aber sie können auch den Raum öffnen, in dem Liebe wieder fühlbar wird – auf ihre eigene, stille Weise.

Fazit: Wenn Fühlen wichtiger ist als „fertig sein“


Wenn Fühlen wichtiger wird als das Streben, „fertig“ zu sein, verändert sich etwas Grundlegendes. Trauer hört nicht auf, weil man es beschließt. Sie löst sich nicht nach Monaten oder Jahren auf, und sie folgt keinem Ziel. Sie bleibt ein Teil des Lebens – manchmal schmerzhaft, manchmal sanft, manchmal tröstlich. Wer sich erlaubt zu fühlen, anstatt sich zur Ruhe zu zwingen, findet allmählich zu einem neuen Gleichgewicht.

An Feiertagen wird dieser Gedanke besonders wichtig. Sie sind Momente, in denen Erwartungen laut werden – von außen und von innen. Viele Menschen glauben, sie müssten wieder funktionieren, mitfeiern, stark sein. Doch
Trauer lässt sich nicht an Feiertagen abschalten. Sie gehört dazu. Und sie darf sich zeigen. In meiner Arbeit als freie Trauerrednerin und Trauerbegleiterin in der Metropolregion Rhein-Neckar erlebe ich immer wieder, dass genau dieses Zulassen der erste echte Schritt zur Heilung ist.

Wer fühlt, lebt. Wer weint, verarbeitet. Wer still ist, hört in sich hinein. Fühlen bedeutet nicht, sich im Schmerz zu verlieren, sondern ihm Raum zu geben, damit er sich wandeln kann. In der Tiefe des Fühlens liegt oft die erste Spur von Frieden – nicht, weil etwas vorbei ist, sondern weil man es angenommen hat.

Vielleicht ist das die leise Wahrheit dieser Tage: Dass Heilung nicht darin liegt, fertig zu werden, sondern darin, echt zu sein.
Trauer braucht keine Fassade, keine Fristen, keinen Beweis von Stärke. Sie braucht Menschlichkeit. Und diese Menschlichkeit zeigt sich im Fühlen – in allem, was weh tut, aber auch in allem, was noch trägt. Denn wer fühlt, bleibt verbunden: mit dem Leben, mit sich selbst und mit dem Menschen, der fehlt.

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Trauer verändert. An Feiertagen spüren viele, dass sie anders geworden sind. Was früher vertraut war, wandelt sich – und schafft Raum für Neues.
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An Feiertagen wird Erinnerung lebendig. Trauer bedeutet nicht festzuhalten, sondern Liebe neu zu spüren. Gedanken von Trauerrednerin Patricia Rind Rhein-Neckar